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Ein Tiger auf Schienen

  • Autorenbild: Hans J. Betz
    Hans J. Betz
  • 23. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
Das "Tigerli" unter Dampf.

Tiger sieht man normalerweise im Zoo oder allenfalls in freier Wildbahn, auf Schienen jedoch eher selten. Doch ab und zu kommt es vor, dass man ein “Tigerli“, so wird in der Schweiz die kleine Dampflok vom Typ E 3/3 liebevoll genannt, rauchend und stampfend auf einer Museumsbahn beobachten kann. So am vergangenen Wochenende auf der STAR Linie zwischen Stadskanaal, Veendam und Nieuw Buinen, wo alljährlich Stadskanaal onder Stoom, ein Ereignis von überregionaler Bedeutung stattfindet. Doch wie kommt ein “Tigerli“ in die Niederlande und schlussendlich sogar zu STAR, einer Museumsbahn auf der Grenze der Provinzen Groningen und Drenthe? Nun, nach Kriegsende erwarben die NS Nederlandse Spoorwegen von den SBB, nebst anderen Dampfloks, zwei Rangierlokomotiven die im Hafen Rotterdam eingesetzt wurden. Eine dritte E 3/3 ”Tigerli“ wiederum konnte mit Hilfe eines Sponsors von Buurtspoorweg in Haaksbergen in Mannheim von einem Museum angekauft werden. Sie wurde restauriert und leistet zwischen Haaksbergen und Boekelo Schwerstarbeit. Und dies nach 115 Jahren noch immer, denn dieses “Tigerli“ wurde 1910 bei der SML Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik in Winterthur gebaut. Insgesamt konnten von diesem Loktyp zwischen 1896 und1916 für die Schweizerische Centralbahn, der Jura Simplon Bahn und die SBB Schweizerische Bundes Bahnen 118 Einheiten gefertigt werden.


Doch Haaksbergen und Stadskanaal liegen 120 Kilometer voneinander entfernt und eine nur 45 Kilometer

schnelle Dampflok kann nicht in den Regeldienst eingereiht werden. Es bleibt deshalb nur der Transport mittels Tieflader auf der Straße. Ein Unternehmen das auf solche Einsätze spezialisiert ist, ist der Familienbetrieb De Haan Transport BV aus Nijkerk, ein Unternehmen das seit über 40 Jahren besteht und alles auf die Straße bringt das höher, länger und schwerer wie normal ist. Dazu gehören unter anderem auch Schienenfahrzeuge aller Art, wie etwa das “Tigerli“. Journalist B.R. Hans J. Betz und Fotografin Beatrice Betz-Tobler waren dabei, als Fahrer Henk van Dasselaar seine 590 PS Scania 4-Achs Zugmaschine mit 4-Achs Tieflader gekonnt über ein Anschlussgleis setzte, sodass nur noch eine Verbindung zum abgesenkten Trailer hergestellt werden musste. Das war erstklassige Präzisionsarbeit vom erfahrenen Driver, der von John Moesker von STAR eingewiesen wurde.

Nachdem die Verbindung hergestellt war, wurde ein geschlossener Güterwagen mittels einer kleinen Rangierlok an das “Tigerli“ herangefahren. In wenigen Minuten gelangte diese Garnitur auf das Rangiergelände von STAR, wo es nach Veranstaltungsende wieder in umgekehrter Weise verladen und abtransportiert wurde. Und noch etwas: Während die Kollegen in Deutschland und in der Schweiz in der Bürokratie ersticken, transportieren die niederländischen Kollegen Spezialtransporte bis 27 m Länge, 3,50 m Breite und 4,25 m Höhe ohne Begleitfahrzeuge und “Polizeischutz“.

Neben verschiedenen Dampf- und Dieselloks konnte man auch eine sogenannte Dampfspeicherlok beobachten, die vor allem in Chemiefabriken eingesetzt wurden. Mit zwei Diesellokomotiven wurde an 80 Jahre Befreiung erinnert, denn WD33 (NS 162) kam 1944 mit der Invasion am Strand der Normandie nach Europa, während Nummer 2225 1955 mit Hilfe des Marshallplans gebaut wurde. Die riesige, der Stiftung STAR gehörende Dampflok, tat früher in der ehemaligen DDR Dienst und ist heute der Star bei STAR. Am Samstag und am Sonntag verkehrten regelmäßig historische Züge die immer gut besetzt waren. Mit einer Tageskarte von 18 Euro konnte man unbegrenzt alle Züge benutzen, es fand eine Modellbahnbörse statt, ein Modellbahnclub aus Delft zeigte eine riesige N-Modulanlage und, diverse kleine und große Dampftraktoren drehten ihre Runden. Zudem machten bei der Station auch noch einige historische Boote fest und sogar eine antike Dreschmaschine konnte im Betrieb besichtigt werden. Zahlreiche Freiwillige sorgten dafür, dass Stadskanaal onder Stoom einmal mehr ein Erfolg wurde und reibungslos funktionierte. Alles in allem ein gelungener Anlass, der auch im kommenden Jahr am dritten Septemberwochenende wieder stattfinden wird.


 
 

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